Wechseljahre – Fakten und Tips

Neben Menschen sind einige Wale die einzigen Säugetiere, bei denen Wechseljahre vorkommen.

Die Hälfte der Bevölkerung geht im Laufe des Lebens durch die Wechseljahre. Trotzdem ist es ein Tabuthema. In Deutschland sind 14,5 Millionen Frauen in den Wechseljahren oder postmenopausal. Die meisten haben eine vage Idee, dass Hitzewallungen und Gewichtszunahme die negativen Begleiter sind, es ein Zeichen des Alterns ist und vielen ist es peinlich, darüber zu sprechen. Anstatt diese Zeit als Umstellung zu betrachten (wie zum Beispiel auch die Pubertät), wird es als krankhaft und problematisch angesehen. In anderen Kulturen sind ältere Frauen angesehen und werden für ihre Erfahrung und Wissen bewundert. In der westlichen Welt möchte jeder jung bleiben, da das Altern negativ gesehen wird und vielen Angst macht. Es ist höchste Zeit, über dieses wichtige Thema zu sprechen, das so viele Frauen betrifft (oder noch betreffen wird).

Fakten zu den Wechseljahren

Die Zeit der hormonellen Umstellung am Ende der fruchtbaren Jahren nennt man Wechseljahre oder Klimakterium. Im Durchschnitt beginnt diese Umstellung Mitte bis Ende 40, wenn die Eierstöcke allmählich weniger Geschlechtshormone produzieren, da die Eizellen ausgehen, von denen man nur eine begrenzte Anzahl hat und es zu Zyklusunregelmäigkeiten kommt. Die Zeit, bevor die Periode ausbleibt, nennt man Perimenopause und es kann auch zu einer Vielfalt von körperlichen und psychischen Symptomen kommen. Als Menopause bezeichnet man den Zeitpunkt, wenn die Periode ein Jahr ausgeblieben ist. Im Durchschnitt tritt die Menopause um das 51. Lebensjahr auf und die Zeit danach wird als Postmenopause bezeichnet. Als vorzeitige Menopause bezeichnet man das Ausbleiben der Periode vor dem 40. Lebensjahr. Dies betrifft eine von hundert Frauen und eine von tausend sogar unter 30.[1]

Hier möchte ich noch hinzufügen, dass bestimmte Operationen und Behandlungen (z. B. Chemotherapie und Bestrahlung) zu einer induzierten Menopause führen können.

Beschwerden durch Hormonschwankungen

In der Perimenopause kommt es erst zu Schwankungen der Geschlechtshormone und etwa 2 Jahre vor der Menopause beginnen die Werte rapide zu sinken. Am Anfang der Umstellungsphase ist das zentrale Hormon FSH erhöht, da die Eierstöcke ohne Eizellen nicht reagieren können und weniger oder keine Geschlechtshormone ausschütten. Deshalb werden FSH- und Östrogenwerte im Blut gemessen, um die Hormonumstellung zu bestätigen.

Viele Frauen gehen durch die Wechseljahre ohne Beschwerden. Es gibt aber typische klimakterische Beschwerden, die in unterschiedlicher Form und Stärke auftreten können.

Diese Begleitbeschwerden sind:

  • Hitzewallungen mit oder ohne Schweissausbrüche,
  • Schlafstörungen,
  • Inkontinenz,
  • Vaginale Trockenheit,
  • Vermehrte Harnwegsinfektionen,
  • Weniger Lust auf Sex,
  • Gelenk- und Muskelschmerzen,
  • Konzentrationsprobleme,
  • Depressive Verstimmungen und Angstgefühle.

Die Liste kann fortgesetzt werden und Beschwerden sind bei jeder Frau unterschiedlich. Plötzliche Hitzewallungen mit Schweißausbrüchen sind die häufige Beschwerde (bis zu 85 %) und für die meisten Frauen schwer zu ertragen. Ausgelöst werden sie durch eine plötzliche Gefäßerweiterung, die als vasomotorische Störung bezeichnet wird und tagsüber aber auch nachts auftreten kann. Bei den meisten Frauen lassen die Beschwerden 1-2 Jahre nach der Menopause nach, aber manchmal können sie auch noch viele Jahre anhalten.

Der Östrogenmangel führt zu einer Veränderung der Vaginalschleimhaut. Das Gewebe wird dünner, ist leichter verletzlich und anfälliger für Infektionen durch einen veränderten pH-Wert, da schützende Milchsäurebakterien fehlen. Symptome wie vaginale Trockenheit, Jucken, Brennen, häufige Harnwegsinfektionen und Schmerzen beim Geschlechtsverkehr werden unter dem Begriff urogenitales Menopausen-Syndrom zusammengefasst. Östrogen unterstützt auch den Verschlussmechanismus um die Harnröhre und wenn diese Polsterung verschwindet, kann das Harninkontinenz begünstigen.

Nach der Menopause steigt das Risiko für Osteoporose und Herzkreislauf-Erkrankungen. Östrogen ist wichtig für gesunde Knochen, macht die Blutgefäße elastisch und hilft auch, den Stoffwechsel zu regulieren. Wenn der Östrogenspiegel sinkt, werden die Knochen poröser und das Risiko für Knochenbrüche steigt stark an. Nach den Wechseljahren steigt auch das Risiko für Frauen deutlich an einen Herzinfarkt oder Schlaganfall zu bekommen. Herzkreislauf-Erkrankungen sind die häufigste Todesursache bei postmenopausalen Frauen! Auch viele Gehirnfunktionen werden von den Hormonen beeinflusst, z. B. steigt nach den Wechseljahren das Demenz-Risiko.[2]

4 Tipps, um gut durch die Wechseljahre zu kommen:

  1. Bewegung und Sport: Kraft- und Ausdauertraining sind in und nach den Wechseljahren ganz besonders wichtig. Am besten ist es, wenn man immer aktiv ist, denn für junge Erwachsene ist es einfacher, Muskulatur aufzubauen. Aber es ist nie zu spät, damit anzufangen! Durch den natürlichen Alterungsprozess verlieren wir nach dem 30. Lebensjahr jedes Jahrzehnt ungefähr 3-8 % Muskelmasse.[3] Deshalb ist Kräftigung wichtig, um dem entgegenzuwirken. Auch für die Beckenbodenbodenmuskulatur ist es wichtig, die Kraft zu erhalten oder zu verbessern, da die Folgen einer zu schwachen Muskulatur Inkontinenz sein kann. Aus Studien wissen wir, dass ein gezieltes Training zur Beckenbodenmuskelkräftigung zu einer Verdickung des Harnröhrenmuskels führt und dadurch zu einer deutlichen Verbesserung der Inkontinenz.[4] Kräftige Hüft- und Po-Muskulatur wirken unterstützend für die Beckenbodenmuskeln. Sogar Osteoporose kann entgegengewirkt werden und man kann die Knochendichte mit gezielten Übungen wieder verbessern.[5] Ausdauertraining wie zum Beispiel Walken oder Radfahren helfen dem Herzkreislaufsystem. Dehnungen und Beweglichkeitsübungen sollten ebenfalls ein Teil eines Programms sein. Ein aktueller systematischer Review hat gezeigt, dass Dehnübungen arterielle Versteifung reduzieren kann.[6]

Allgemein zu Bewegung und Sport ist aber noch zu sagen, dass es wichtig ist, abwechslungsreich und steigernd zu trainieren. Es sollte Spaß machen, damit man dranbleibt und es gerne macht. Sport hilft auch bei Hitzewallungen, Stressmanagement, Schlafstörungen und zur Gewichtskontrolle. Bewegung kurbelt das Gehirn an und kann Demenz vorbeugen.

  1. Gute Blasen- und Darmgewohnheiten: Niedrige Östrogenwerte beeinflussen die Vaginalschleimhaut und die Harnröhre. Ab der Perimenopause haben Frauen öfter einen verstärkten Harndrang, der zu einer Drangproblematik und einer überaktiven Blase führen kann. Deshalb ist es wichtig, auf gute Blasengewohnheiten zu achten (z. B. nicht zu oft zur Toilette). Eine gute Verdauung und vor allem keine Verstopfung ist ab der Perimenopause besonders wichtig, denn das Östrogen wird in der Leber abgebaut und größtenteils über den Darm ausgeschieden. Das ist sehr wichtig, denn wenn es bei Verstopfung zu lange im Darm ist, kann es wieder absorbiert werden und zirkuliert dann wieder im Körper und das kann zu einer Östrogendominanz (z. B. Gewichtszunahme) führen.[7]
  1. Gesunde Ernährung: Mit der Ernährung kann man natürlich erst einmal die Verdauung beeinflussen. Eine ballaststoffreiche Ernährung und ausreichend Flüssigkeitszufuhr sind wichtig. Um die Verdauung zu unterstützen, helfen grünes Blattgemüse und pflanzliche Proteine (z. B. Linsen).   Auch Osteoporose kann beeinflusst werden. Zum Beispiel 5-6 Trockenpflaumen (oder frische) pro Tag verbessern die Knochengesundheit, indem der Knochenabbau gebremst und Knochenaufbau verbessert wird.[8] Nur 3 Esslöffel Sesamsamen helfen den Knochen, dem Darm und dem Gehirn mit hohem Kalzium- (22 % empfohlene Tagesdosis), Magnesium-(25 %) und Zinkgehalt (21 %). Sardinen enthalten viel Vitamin B12 und Kalzium, das wieder den Knochen hilft, aber auch der Gehirnfunktion. Ölhaltiger Fisch schützt Herz und Gehirn. Leinsamen enthalten Lignane (pflanzliche Hormone), die helfen können, den Östrogenhaushalt auszugleichen.[9] Zu vermeiden sind zum Beispiel Alkohol, da dieser in der Leber abgebaut werden muss und dadurch den Östrogenabbau stört. Koffein kann vermehrt zu Hitzewallungen und Harndrang führen. Generell hilft eine gesunde, abwechslungsreiche und größtenteils pflanzliche Ernährung. Eine gute Ernährungsberatung ist oft sinnvoll.
  1. Schlaf und Entspannung: Schlafstörungen, vor allem nächtliches Aufwachen, ist ein häufiges Problem (40-60 %) und wird als sehr störend empfunden. Häufig werden Schlafstörungen mit Hitzewallungen in Verbindung gebracht. Wer nicht gut schläft, kann sich auch nicht gut konzentrieren und fühlt sich nicht wohl. Schlafmangel kann du einer Kaskade anderer Probleme führen und es ist wichtig, etwas zu unternehmen. Regelmäßige Bewegung und Sport verbessern die Schlafqualität. Eine gute Schlafhygiene (Abendroutine, keine PCs und Handys im Schlafzimmer, verdunkelter und gut gelüfteter Raum etc.) unterstützt das Einschlafen und kann die Schlafqualität verbessern.[10] Stressmanagement ist ein wichtiger Aspekt, wie z. B. Entspannungs- und Atemübungen, Meditation und Yoga. Alkohol ist auch für den Schlaf schlecht und das Weglassen kann die Schlafqualität deutlich verbessern. Wer an depressiven Verstimmungen leidet, sollte sich Hilfe holen, denn das verbessert außerdem den Schlaf.[11]

Behandlung durch Hormone

Es gibt spezielle Cremes oder Zäpfchen, die kleine Mengen Östrogen enthalten und von Gynäkologen verschrieben werden können. Vaginale Feuchtigkeitscremes und Gleitmittel, die man in Apotheken ohne Rezept kaufen kann, sind eine hormonfreie Alternative dazu.

Hormonersatztherapie in Form von Tabletten, Pflaster oder Gel ist auch eine Möglichkeit zur Behandlung von störenden Symptomen und man sollte sich von einer Gynäkologin* beraten lassen, da es wie bei allen Medikamenten Vor- und Nachteile gibt, die man individuell abwägen muss.

Physiotherapie

Eine auf Beckengesundheit spezialisierte Physiotherapeutin* kann mit den Beckenboden-, Blasen- und Darmproblemen helfen. Wir stellen auch Trainingsprogramme individuell zusammen, damit Kraft, Ausdauer, Beweglichkeit, Entspannungsübungen und Abwechslung dabei sind. Sehr häufig sind Frauen gehemmt, Sport zu treiben, wenn sie Senkungsbeschwerden, Inkontinenz, Schmerzen, Osteoporose oder andere Schwierigkeiten haben. Eine gute Beratung kann helfen, alle Barrieren zu meistern, denn es lohnt sich in jedem Fall mit Sport anzufangen oder weiterzumachen. Manchmal kann ein Programm modifiziert werden, um Symptome während des Sports zu vermeiden, manchmal braucht es nur ein paar Tipps oder Feedback. Sport und Bewegung sind der Schlüssel, um gut durch die Wechseljahre zu kommen.

Bei vielen Themen hätte ich gerne mehr geschrieben und es werden weiter Artikel folgen, die mehr in die Tiefe gehen. Ich hoffe, dieser Artikel gibt einen Überblick und ein paar Ideen zu dem Riesenthema Menopause.


[1] Kuhl H. (2006) Klimakterium, Postmenopause und Senium. In: Kaufmann M., Costa S.D., Scharl A. (eds) Die Gynäkologie. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/3-540-31105-X_9

[2] Nanette Santoro, C. Neill Epperson, Sarah B. Mathews Menopausal Symptoms and Their Management

Endocrinol Metab Clin North Am. Author manuscript; available in PMC 2016 Jun 2.

Published in final edited form as: Endocrinol Metab Clin North Am. 2015 Sep; 44(3): 497–515. doi: 10.1016/j.ecl.2015.05.001

[3] Elena Volpi, Reza Nazemi, Satoshi Fujita, Muscle tissue changes with aging,

Curr Opin Clin Nutr Metab Care. Author manuscript; available in PMC 2010 Jan 12.

Published in final edited form as: Curr Opin Clin Nutr Metab Care. 2004 Jul; 7(4): 405–410.

[4] Madill SJ, Pontbriand-Drolet S, Tang A, Dumoulin C. Changes in urethral sphincter size following rehabilitation in older women with stress urinary incontinence. Int Urogynecol J. 2015;26(2):277-283. doi:10.1007/s00192-014-2507-6

[5] Watson SL, Weeks BK, Weis LJ, Harding AT, Horan SA, Beck BR. High-Intensity Resistance and Impact Training Improves Bone Mineral Density and Physical Function in Postmenopausal Women With Osteopenia and Osteoporosis: The LIFTMOR Randomized Controlled Trial [published correction appears in J Bone Miner Res. 2019 Mar;34(3):572]. J Bone Miner Res. 2018;33(2):211-220. doi:10.1002/jbmr.3284

[6] Kato M, Nihei Green F, Hotta K, et al. The Efficacy of Stretching Exercises on Arterial Stiffness in Middle-Aged and Older Adults: A Meta-Analysis of Randomized and Non-Randomized Controlled Trials. Int J Environ Res Public Health. 2020;17(16):E5643. Published 2020 Aug 5. doi:10.3390/ijerph17165643

[7] Lewis SJ, Heaton KW, Oakey RE, McGarrigle HH. Lower serum oestrogen concentrations associated with faster intestinal transit. Br J Cancer. 1997;76(3):395-400. doi:10.1038/bjc.1997.397

[8] Arjmandi B.H., Johnson S.A., Pourafshar S., Navaei N., George K.S., Hooshmand S., Chai S.C., Akhavan N.S. Bone-protective effects of dried plum in postmenopausal women: efficacy and possible mechanisms. Nutrients. 2017;9:5

[9] Bajwa S., Singh A., Bajwa S.J. Nutritional facts and menopausal symptomatology: The role of nutraceuticals. J. Med. Nutr. Nutraceuticals. 2012;1:42–49. doi: 10.4103/2278-019X.94633

[10] Duman, M, Timur Taşhan, S. The effect of sleep hygiene education and relaxation exercises on insomnia among postmenopausal women: A randomized clinical trial. Int J Nurs Pract. 2018; 24:e12650

[11] Baker FC, Lampio L, Saaresranta T, Polo-Kantola P. Sleep and sleep disorders in the menopausal transition. Sleep Med Clin. 2018;13(3):443–456

*Aus Gründen der besseren Lesbarkeit verwende ich hier die weibliche Form.

Veröffentlicht von alexandraschaferphysio

Mein Name ist Alexandra Schäfer und ich bin auf eine auf Beckengesundheit spezialisierte Physiotherapeutin. Vor über 13 Jahre bin ich mit meinem Mann nach Australien gezogen. Die letzten 10 Jahre habe ich in privaten Praxen und Krankenhäusern gearbeitet und neben vielen Fortbildungen im Fachgebiet Gynäkologie, Urologie und Proktologie habe ich an der University of Melbourne ein Studium absolviert (Graduate Certificate in Pelvic Floor Physiotherapy). Seit Anfang 2020 lebe ich mit meiner Familie wieder in Süddeutschland und hoffe vielen Frauen, Männern und Kindern helfen zu können. Meine Arbeit liegt mir sehr am Herzen und ich weiss wie sehr Menschen unter Beckenproblemen leiden wie zum Beispiel Inkontinenz, anhaltende Schmerzen, Organsenkung und Darmproblemen. Spezialisierte Physiotherapeuten können bei all diesen und vielen anderen Problemen im Beckenbereich helfen. Mit diesem Blog hoffe ich wissenschaftlich fundierte Informationen an Betroffene weiterzugeben und dabei zu helfen viele dieser Themen zu enttabuisieren.

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